Zweifel

Zweifel, Unsicherheit und Verzweiflung über den Sinn einer Partnerschaft oder über das Verhalten des anderen können in jeder Beziehung auftreten. Es wäre sogar ungewöhnlich und bedenklich, wenn solche Krisen in einer Partnerschaft nie auftauchen, bzw. einfach ausgeklammert würden.

Der Zweifel an der Richtigkeit des eigenen Verhaltens kann durch eine natürliche, kritische Denkweise entstehen und für die Beziehung durchaus positive Impule haben. Eine permanente Verunsicherung, verbunden mit einem mangelnden Selbstwertgefühl (s. Selbstwertgefühl) und Minderwertigkeitskomplexen, wirkt sich allerdings störend auf die Harmonie in der Partnerschaft aus.

Wer an seinem Selbstwertgefühl und/oder am Sinn der Beziehung zweifelt, sollte - so würde man es erwarten - sich an Denken und Handeln der stärkeren Persönlichkeit des Partners orientieren. Diese Probleme müßten offen angesprochen werden, um einen gemeinsamen Lösungsweg zu finden.

Aus Angst, seine Schwäche zu zeigen, erfolgt aber oft eine gegenteilige Reaktion. Die eigene Verunsicherung bewirkt, daß dem Partner eng umrissene, willkürliche Vorstellungen des Rollenverhaltens aufgezwungen werden.

Je unsicherer und verzweifelter man ist, desto manipulativer und rigider ist die Struktur, die man versucht, dem anderen aufzuerlegen. Der Zweifel an den eigenen Fähigkeiten und Angst vor der Zukunft werden durch die Flucht in ein starres Beziehungssystem kompensiert. Der Gedanke an eine Trennung ist dann viel zu sehr mit Ängsten besetzt, um diese Möglichkeit ernsthaft zu erwägen.

Verzweiflung eines Beziehungspartner kann also in manchen Fällen zu einem aggressiven, manipulativen Verhalten führen. Solche Menschen haben oft ein sehr feines Gespür dafür, wieweit sie einen Partner belasten können. Ist der Spannungsbogen (Frustrationstoleranz) des Partners einmal überzogen, erfolgt sofort ein Rückzug, begleitet von übertriebenen Entschuldigungen.

Solche ungleichen Zweierbeziehungen sind sehr instabil. Wie lange der betroffene Teil diese Machtspielchen ertragen kann, hängt davon ab, wieweit er noch eine eigene intakte Persönlichkeit besitzt und andere Kontaktpersonen hat, also nicht nur in dieser gestörten Beziehung lebt.


(von Manfred Saniter)

 

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