Mutterliebe

Unter den verschiedenen Liebesformen (s. Liebe) nimmt die Mutterliebe einen besonderen Platz ein. Sie wird als höchste Arte der Liebe und als "geheiligste" emotionelle Bindung beschrieben, da sie sich durch Uneigennützigkeit und Selbstlosigkeit auszeichent. Die partnerschaftliche Liebe ist durch ein "Geben und Nehmen" gekennzeichnet. Bei der Mutterliebe überwiegt das Geben ohne die Erwartung, auch etwas gleichwertiges zurückzuerhalten.

Schon während der Schwangerschaft verändert sich vieles für die werdende Mutter und natürlich auch für ihren Partner (s. Elternrolle).

Nicht selten wird anfänglich die Schwangerschaft als störende Unterbrechnung des persönlichen Lebensrhythmus empfunden. Bisherige Interessen, wie Beruf, Hobbby, Freunde und Partnerbeziehung, weden von der Schwangerschaft merklich beeinflußt und verlieren an Bedeutung.

Neben der körperlichen Veränderung vollzieht sich gleichzeitig jedoch eine gefühlsmäßige Wandlung. Das heranwachsende Wesen im eigenen Leib gewinnt ständig an zentraler Bedeutung. Das werdende Kind lernt nicht erst nach der Geburt, schon im Mutterleib wird es den verschiedensten Reizen ausgesetzt. Es ist emfpänglich für mechanische und gefühlsmäßige Einflüsse, die seine Mutter erlebt. Durch die Mutter-Kind-Einheit erfährt der Fötus alle emotionalen Zustände der Mutter und erfährt so schon einiges über ihre Wesensart.

Viele Müter sind der Ansicht, daß sich die echte Mutterliebe automatisch entwickelt. Sie sind fest davon überzeugt, daß die Natur schon dafür sorgen wird. Die Ablehnung des eigenen Kindes halten sie für krankhaft. Andere sehen in der "Mutterliebe" lediglich eine Zivilisations-Konstrukt, das der reibungslosen Aufzucht von Nachwuchs ohne Rücksicht auf die Bedüfnisse der Mutter dient.

Ähnlich, wie die partnerschaftliche Liebe, gehört zur Mutterliebe auch eine aktive Komponente. Liebe bekommt man nie geschenkt, sie muß erarbeitet werden (s. Liebe).

Erich Fromm schreibt in seinem Buch "Die Kunst des Liebens" zur Mutterliebe: "Das eigentliche Wesen der Mutterliebe liegt darin, für das Heranwachsen des Kindes zu sorgen, und das bedeutet auch die Trennung von Mutter und Kind. Hier haben wir den grundlegenden Unterschied zur erotischen Liebe. In der erotischen Liebe vereinigen sich zwei Menschen, die bisher getrennt waren; in der Mutterliebe dagegeben werden zwei Menschen, die vorher eins waren, getrennt. Die Mutterliebe muß die Trennung vom Kind nicht nur dulden, sondern sie sogar wünschen und fördern."

Weigert sich eine Mutter aus egoistischen Motiven diese notwendige Abnabelung zu unterstützen und versucht ihr Kind möglichst lange an sich zu binden, können sich bei ihm ernsthafte Persönlichkeitsstörungen entwickeln wie zum Beispiel mangelndes Selbstwertgefühl, Unsicherheit, Unselbständigkeit und letztlich das Unvermögen, eine partnerschaftliche Beziehung einzugehen.


(von Manfred Saniter)

 

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